Ich finde das Thema Entwicklungsfinanzierung durch DLCs sehr interessant, daher möchte ich dazu noch ein paar Gedanken loswerden. Die für uns entscheidende Frage ist, ob und inwieweit wir als Konsumenten mit unfairen Mitteln zur Kasse gebeten werden. Schauen wir uns mal die Faktenlage zu den CIM-Spielen an:
Wir alle sind uns einig, dass CIM2 mit einem sehr viel geringereren Budget entwickelt wurde als Spiele wie SIMCITY oder die ANNO-Reihe. Der Publisher Paradox selbst ist ein Nischenfüller, der mit ungewöhnlichen Titeln wie Mount 'n Blade, Crusader Kings, War of The Roses u.ä. auffährt - Spiele, die allesamt weit von AAA-Produktionen wie Battlefield, GTA und co. entfernt sind. Paradox arbeitet mit kleinen Budgets und kleinen Teams an ungewöhnlichen Spielen. Das sind die Gründe, warum sie sich einerseits halten können und warum andererseits keine wirklichen Großproduktionen finanziert werden. Der Fokus liegt auf einer Zielgruppe, die auf der einen Seite zu jeder Zeit sicher zur Verfügung steht, zum anderen jedoch nicht zahlreich genug ist, um Spiele mit hohen Budgets abzusetzen.
Hier gibt es eine echte Gradwanderung:
Zum einen finde ich es persönlich löblich, dass es Publisher gibt, die sich auf Nischenentwicklungen spezialisieren. Zum anderen sehe ich auch deren große Verantwortung, die anvisierten Projekte trotzdem nicht zu Billig-Entwicklungen verkommen zu lassen - die sich dann schlimmstenfalls auch billig anfühlen. Das wäre der worst case - der Punkt an dem ich sagen würde: "Lasst es einfach wenn euch das Geld fehlt". Oder nutzt Kickstarter.
An dieser Stelle halten wir uns doch mal die Fakten vor Augen. Paradox hat CO ein limiertes Bugdet zu Entwicklung von CIM2 zur Verfügung gestellt, das offenbar einen konsequenten Finanzierungsplan erfordert. Nachdem sich vor einigen Tage erneut einige Flamer zu Wort gemeldet hatten, gab es dazu tatsächlich mal interessantes Statement der Entwickler (co_martsu):
ZitatAlles anzeigenI can however assure you that we have made the base game as well as we
could with the resources we had. Is it cutting content when you don't
have the budget to do more? In a way I guess it is. We are however
continuing the development of Cities in Motion 2. There will be free
updates as well as paid DLCs. You can enjoy the free updates and skip
buying the DLC if you feel they are not for you. I hope some people find
the new content appealing and will keep supporting us
When I win the lottery we can spend an extra year developing a base game and have maximum amount of content in it
Dem zufolge ist für die Kick-off Version von CIM2 ressourcenmässig einfach nicht mehr drin gewesen. Sicher, das ist alles auch eine Glaubensfrage. Vielleicht sitzen bei CO ja wirklich nur hinterlistige Egozentriker, die ihr Budget nicht ausreizen, um vom Rest des Geldes Urlaub auf Bali zu machen. Aber der gesunde Menschenverstand sagt mir, dass das nicht der Fall ist.
Also: Viele Ideen. Viele Ambitionen. Aber wie so häufig: Kaum Kohle. Interessant sind hierbei folgende Fragen:
1. Was hätten wir gern?
2. Was von dem ist faktisch überhaupt möglich, wenn wir davon ausgehen, dass die Ressourcen begrenzt sind und in diesem Universum nirgendwo Geld vom Himmel regnet?
3. Für welche aus Punkt 2 resultierenden, gefühlten, "nicht erbrachten Leistungen" können wir WEN (den Publisher? den Entwickler? den lieben Gott?) überhaupt verantwortlich machen?
Halten wir uns mal an die marktwirtschaftliche Realität - ohne naive "wie die Welt bitteschön gerechter Weise zu sein hätte"-Wunschträume: Das Ziel eines Entwicklers kann es nicht sein, die Finanzierung eines Titels allenfalls, wenn überhaupt, mit Ach und Krach über die Bühne zu bekommen. Das Studio will sich sicher auf einem hart umkämpften Markt positionieren und Geld verdienen. Nur so bleiben auch für UNS die Cities in Motion-Spiele auf lange Sicht erhalten.
Meine Meinung dazu: Ich finde es zwar schade, dass CIM2 mit einer abgespeckten Basis-Version ins Rennen geht, sehe aber auch, dass diese Vorgehensweise Sinn macht. So steht mittlerweile eine Basis-Version zur Verfügung, die per se sehr wohl bereits Spass macht, jedoch über lange Zeit mit Erweiterungen nach und nach verbessert wird - mit DLCs, bei deren Kauf ich meine absolute Entscheidungsfreiheit behalte.
Sicherlich ist die Entscheidung, CIM2 mit 20 Eur für den Markt zu werfen und auf eine umfangreiche und nachhaltige DLC Finanzierung zu bauen, eiskaltes strategisches Kalkül.
Aber wenn die Qualität der DLCs auf Dauer stimmt, dann ist es mir lieber,
wenn (a) zunächst mit dem zur Verfügung stehenden limitierten Bugdet ein potentes Basispiel entwickelt wird, das nach und nach erweitert werden kann (wenn ich will),
als wenn (b) mit einem limitierten Budget ein aufgeblasenes Spiel zusammengeschrubbt wird, in dem zwar möglichst viele Wünsche umgesetzt werden, aber keiner davon richtig.
Ich denke wir sind uns einig dass (b) das schlechtere Spiel ist, es wird sehr viel wahrscheinlicher floppen, und nachträgliche DLCs werden erst recht als Abzocke gelten.
Fazit: Wenn man sich für dieses Baukasten-Geschäftsmodell entscheidet, dann will ich auf lange Sicht hochwertige DLCs. Dann ist es mir egal, ob ein fettes Paket mit Europa-Architektur und jeweils 2-3 neuen Städten 20-30 Euro kostet. Wenn der gelieferte Content das Geld wert ist, dann kaufe ich es. Und nur dann.
Mein Appell: Keiner sollte sich wegen 5 Euro-Packs für Fahrzeuge aufregen. Denn meiner Meinung nach schieben wir hier das Geld nicht einem von EA oder UBISOFT unterstützten Entwicklerriesen in den Allerwertesten. Sondern wir supporten ein kleines Studio, das nicht sonderlich weit über dem Status einer kleinen Indie-Butze steht. Vor jeglichem pauschalem Moralgeplänkel, wie bösartig doch DLC-Finanzierungen angeblich sind, sollte das erstmal differenziert betrachtet werden.