Und gleich noch ein Review zu Locomotion, gefunden auf GameZone.de
ZitatAlles anzeigenEndlich ein Nachfolger zu Transport Tycoon
Eines bis dato der besten Transportspiele ist wohl nach wie vor Chris Sawyer's 1994 erschienenes Transport Tycoon, welches im Jahre 1996 mit der Deluxe Version noch eine kräftig aufpolierte Fassung bekam. Nach über zwei Jahren Arbeit meldet sich der Programierguru Chris Sawyer mit einem nun offiziellen Nachfolger zu Transport Tycoon zurück, welcher von Atari für knappe 20 Euro zu haben ist. Chris Sawyer's Locomotion bietet dabei natürlich das grundlegende Gameplay des alten Klassikers, verbindet aber viele neue Ideen und Spielerwünsche zu einem neuen Erlebnis. Sein Versuch aus Locomotion ein einzigartiges, auch wenn nicht perfektes, Spiel zu kreieren, ist aufgegangen.
Vom Gleisarbeiter zum Tycoon
Viele Dinge in der Welt müssen ständig transportiert werden: Eisenerz muss ins Stahlwerk, Kohle ins Kraftwerk, Getreide in die Industrie und Waren in die Stadt. Chris Sawyer's Locomotion stellt nun an den Spieler die Herausforderung, ein komplettes Netzwerk dieser Transportleistungen aufzubauen. Sowohl über das Land via Zügen, LKW und Bussen, als auch zu Wasser und in der Luft mit Schiffen und Flugzeugen können in diesem Spiel viele unterschiedliche Waren und auch Passagiere transportiert werden. Ziel des Spieles ist es wie in jedem anderen Aufbauspiel, möglichst viel Geld zu verdienen um letztendlich zum absoluten Tycoon aufzusteigen.
Die ersten Schritte in Locomotion lassen Erinnerungen wach werden, denn Locomotion ist Transport Tycoon, nur mit einigen überarbeiteten Features und einer verbesserten Grafik. Diese erinnert bei genauerer Betrachtung der letzten Schöpfung des Programmierer, denn sowohl die Spieloberfläche als auch die Menüicons gleichen ein wenig dem Spiel Rollercoaster Tycoon 2. So wird auch Locomotion aus einer isometrischen Sicht dargestellt, welche sich kurzerhand in 90° Schritten drehen und in einigen Stufen zoomen lässt. An den jeweiligen Ecken des Bildschirmes sind Drop-Down Menüs angebracht, wobei oben eher die nötigen Bauvorhaben und unten die Karte sowie die finanzielle Firmenübersicht vorhanden sind. Ähnlich dem Funktionsprinzip von Windows können nun über die Drop-Down Icons verschiedene Fenster geöffnet werden, in denen dann die Statistiken angeschaut oder die jeweiligen Objekte zum Bau ausgewählt werden können.
Zu Beginn des Spieles stehen nur begrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung, wobei meist der Kreditrahmen noch erhöht werden kann. Je nach Szenario startet der Unternehmer auch in einem anderen Gründungsjahr. In den längst vergangenen Tagen um 1900 herum steht weniger Geld zur Verfügung, aber die Kosten für z.B. Eisenbahnlinien und Züge sind auch nicht so hoch. Im Laufe der Jahre wachsen die Kosten durch die drastische Inflation an, aber auch das Einkommen sollte möglichst steigen. Dazu werden nun Verbindungen zwischen den passenden Industriezweigen gebaut. Vorher können noch Informationsfenster per Klick auf das Gebäude oder einer Stadt aufgerufen werden. Etwas unverständlich zeigen sich die Aktionen bei den Städten. Konnten früher wenigstens noch Exklusivrechte erworben oder zum Beispiel Gebäude finanziert werden, wurden diese Features komplett aus dem Gameplay gestrichen.
Von positiven und negativen Neuerungen
Sowohl Züge als auch LKW benötigen auf dem Land Verbindungswege, welche erst einmal errichtet werden müssen. Dazu wird einfach das Fenster zum Bau einer Strecke geöffnet. Im Gegensatz zum Vorgänger bestehen nun mehrere Möglichkeiten für Kurven und auch schräg über zwei Planquadrate lässt sich eine Strecke ebenfalls bauen. Ungewöhnlich ist dabei die Steuerung ausgefallen. Gewählte Schienen oder Straßenobjekte können nicht einfach per drag and drop auf der Spielfläche platziert werden. Der Startpunkt des Bauvorhabens wird festgelegt und anschließend muss nur noch auf den Button zum Bauen geklickt werden. Die jeweils ausgewählte Kurve oder Gerade mit entsprechender Steigung wird dann errichtet, vorher aber grau hinterlegt auf der Spielfläche angezeigt. Neu ist auch die Möglichkeit, Wege auf verschienen Höhen zu bauen. Die Brückenhöhe ist nicht mehr limitiert, es sei denn rein technisch und statisch. Negativ auffallend im Vergleich mit dem Klassiker ist vor allem das das Zusammenführen mehrerer Schienen und ampelgesteuerter Spurwechsel nicht mehr so dynamisch läuft, fast sogar mehr zu Problemen führt. Ein multifunktionaler Großbahnhof mit vielen Zügen die aufs gleiche Gleis laufen, ist so leider kaum möglich.
Deutlich verbessert zeigt sich dagegen der Tunnelbau. Während früher einzig und allein eine gerade Strecke machbar war, sind dem Spieler nun keine Grenzen mehr gesetzt. Einmal im Berg, kann er dort ebenfalls Kurven und auch Höhenunterschiede mit einbauen. Dafür wechselt die Sicht in ein schwarzes Drahtgittermodell der Landschaft und zeigt zusätzlich die Bauhöhe an. Schiffe und Flugzeuge werden wie gehabt gehandhabt: Diese benötigen einen Hafen oder Flughafen, um Ware aufnehmen zu können, anschließend stellt der See oder die luftige Höhe die weitere Transportlinie dar. Doch vor allem der Flugverkehr ist dabei recht kostspielig. Mit der Tram fand noch eine fünfte Möglichkeit den Einzug in das Spielsystem. Wie Busse zum Straßennetz gehören, kann man die Trambahnen zum Schienenverkehr zählen, wobei allerdings ein Netz aus Schmalspurschienen gelegt werden muss. Diese sind meist teurer wie normale Schienen, doch zeigt sich die Tram in den laufenden Betriebskosten recht kostengünstig. Denn alle Fahrzeuge gehen natürlich ins Geld, schließlich verbrauchen sie Sprit oder Kohle für den Antrieb oder ähnliches. Daher spielen auch laufende Kosten eine Rolle.
Eine weitere Neuerung stellt die Möglichkeit zum Kauf von Fahrzeugen dar. Depots für den Kauf müssen nun nicht mehr errichtet werden, Fahrzeuge können per Drop-Down Menü bequem erworben werden. In den Listen werden die passenden Gerätschaften plus Anhänger ausgesucht, anschließend kann das Objekt einfach auf die Straße oder den anderen Verkehrswegen gesetzt werden. Leider muss sich der Spieler immer noch selbst um den Austausch der Fahrzeuge kümmern, sobald diese abgenutzt und veraltet sind. Im Laufe der Zeit stehen dafür aber auch immer wieder Neuentwicklungen zur Verfügung. Während früher Dampfloks genutzt wurden, stehen später elektrisch betriebene Schienenfahrzeuge zur Verfügung. Dazu müssen die Schienen aber auch mit elektrischen Oberleitungen nachgerüstet werden. Der Fortschritt macht aber auch in der musikalischen Untermahlung des Spieles nicht halt: Während man um 1900 aus der Jukebox mehr oder weniger nur Country- und Westernsongs hört, wandelt sich die Musik im Laufe der Zeit. Schon in den 70ern oder 80ern erklingen fetzigere Songs. Die Lieder erinnern zum Teil an den Vorgänger, untermalen das Spiel zwar recht nett, sind aber auch etwas gewöhnungsbedürftig. Die Fahrzeuge selbst wurden mit individuellen Sounds ausgestattet. Schön anzuhören, wie eine Dampflok zu Beginn noch recht langsam aufdreht und dann mit einem Hupen an Geschwindigkeit gewinnt. Die E-Lok gibt wiederum nur ein fiepen von sich und startet voll durch. Passende Unterstützung bietet das Spiel auch individuell bei unterschiedlichen Gebieten. Befindet man sich gerade in einem Wald, kann rauschen der Blätter und Tierlaute vernommen werden, während im Gebirge der kalte Wind um die Ohren weht.
Von Aufgaben und Missionen
Zu spielen gibt es eine große Vielfalt an verschiedenen Aufgaben. Um die 40 verschiedenen Karten stehen zur Verfügung, welche zum Beispiel in Britannien, Nordamerika, den Schweizer Alpen oder Wüsten sowie auch fiktiven Welten angesiedelt sind und mit individuellen Missionen bestückt wurden. Gilt es in den leichten Missionen nur simple Wege zu bauen und innerhalb einer vorgegebenen Zeit eine bestimmte Menge eines Rohstoffes zu transportieren oder ein konstantes wenn auch geringes Monatseinkommen zu erwirtschaften, so wird bei einem höheren Schwierigkeitsgrad schon etwas mehr Können abverlangt. Ein Firmenindex von 60 oder gar 80 Prozent zu erreichen ist nicht einfach und hier solle auf jedes Detail wie alternde Fahrzeuge, Zufriedenheit der Kunden sowie Angebot und Nachfrage geachtet werden. Oftmals stellen auch die unterschiedlichen Karten allein schon genügend Herausforderungen dar: Eine Welt einzig allein aus vielen bergigen Inseln ist nicht leicht zu handhaben. Dazu kommt noch, dass bis zu 14 vom Computer gesteuerte Gegner, je nach Mission, dem Spieler die Ware vor der Nase wegschnappen möchten.
Im Vergleich zu Transport Tycoon bietet Chris Sawyer's Locomotion von Beginn an auch ein Netzwerkspiel über TCP/IP und somit auch Onlinegaming an. Leider zeigte der Praxistest, dass Locomotion via Internet nicht spielbar ist. Ein zu langsamer und ruckelnder Spielfluss verdirbt einem den Spielspaß. Somit werden einzig allein LAN-Verbindungen ein passables Multiplayer-Spiel bieten. Bis zu zwei Spieler können alle Karten des Einzelspielermodus spielen, oder aber auch selbst erstellte Maps. Dem Spiel liegt ein recht simpler Editor bei, mit dem recht schnell Zufallskarten erstellt werden können. Somit ist für lang anhaltenden Spaß eigentlich gesorgt.
Die Optik des Spieles wird wohl der einzige größere Kritikpunkt sein, der angesprochen werden kann. An die etwas veränderte Farbpalette muss sich der eine oder andere Fan sicherlich erst gewöhnen. Die Spielwelt ist recht simpel aufgebaut, wurde mit vielen Details wie Bäumen, Kakteen und vor allem wachsenden und sich stetig verändernden Städte verziert. Die Dampfloks lassen Rauch aufsteigen und kleine Menschenmengen sammeln sich an den Haltestellen. Es gibt viele liebevolle Details und selbst nach längerem Spielen findet man immer wieder neue Elemente. Man merkt deutlich, dass sich Chris Sawyer hier wirklich viel Mühe gegeben hat. Dennoch wird das Spiel in einer mittlerweile etwas veralteten Technik dargestellt. Die Welt basiert immer noch auf kleinen Planquadraten, auf denen man bauen kann - eine klassische isometrische Ansicht. Insgesamt wirkt die komplette Grafik irgendwie simpel, passt aber bestens zu einem Aufbauspiel und mit der Zeit wird man wohl auch als Grafikfanatiker die Skepsis ablegen. Einzig allein die Schrift ist bei höheren Auflösungen der Grafik viel zu klein geraten und kann schon fast nicht mehr gelesen werden - ein wirklich sehr negativer Punkt, der angesprochen werden muss.
Positives:
Ein suchterzeugendes Gameplay wie eh und je, mit vielen Möglichkeiten. Viele Neuerungen und dennoch das alte Spiel. Zudem ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis.
Negatives:
Das Spiel wird mit einer veralteten Technik präsentiert und auch die Steuerung sowie Musik ist teils gewöhnungsbedürftig. Auch gibt es manche Elemente aus Transport Tycoon, die der eine oder andere schmerzlich vermissen wird. Unverständlich ist aber vor allem, dass man selbst im Jahre 2004 kein passables Internetspiel zustande bringt!
Fazit:
Chris Sawyer's Locomotion erweist sich als ein würdiger Nachfolger zu dem Kultspiel Transport Tycoon, wenn auch mit der einen oder anderen Macke. Es bietet im Grunde so gut wie alle Elemente des Vorgängers und hat diese aber durch bessere Möglichkeiten bei der Verkehrsführung, im Aufbau und auch in der Verwaltung der Fahrzeuge auch deutlich vereinfacht. Ein neues Tunnelsystem beglückt die verspielten Bauunternehmer und die grafisch zwar durchaus schlicht gestaltete Welt ist dennoch auf einem optisch wesentlich höheren Niveau wie bei Transport Tycoon. Zwar kann der Titel hier sicherlich nicht mit anderen Genrevertretern mithalten, aber die Grafik erfüllt ihren Zweck. Insgesamt bietet Locomotion für Aufbaufans ein sehr intensives Gameplay mit zahlreichen Möglichkeiten, so dass trotz simpler Technik des Spieles sicherlich einige Spielstunden vor dem Bildschirm verbraten werden.
Punktewertung:
Grafik = 7 Punkte
Sound = 6 Punkte
Bedienung = 7 Punkte
Gameplay = 8 Punkte
Gesamt = 7 Punkte = Brauchbar